|  Der 
          Autor Henning Mankell konnte mit 
          seinen Wallander-Romanen auf dem Renommee aufbauen, das skandinavische 
          Krimiautoren seit dreißig Jahren genießen. Fundiert wurde 
          dieser gute Ruf vor allem vom schwedischen Autorenduo Maj 
          Sjöwall und Per 
          Wahlöö, die zwischen 1965 und 1975 eine zehnbändige 
          Krimireihe verfassten. In deren Mittelpunkt standen Kommissar Martin 
          Beck und sein Team.Wie bei Henning Mankell kann auch bei Sjöwall/Wahlöö 
          zugleich eine Gesellschaftschronik mitgelesen werden: Von "Die Tote 
          im Götakanal" bis hin zu "Die Terroristen" wird Schweden mehr und 
          mehr als heuchlerisches Konstrukt im Namen des sozialdemokratischen 
          Volksheims interpretierbar. Ihre am Ende überwiegend agitatorisch 
          inspirierten Bücher, in den Siebzigerjahren eine Art Pflichtlektüre 
          in Wohngemeinschaften, sind allesamt beim Rowohlt Verlag als preiswerte 
          Taschenbücher erhältlich. Mit Henning Mankell eher verwandt 
          sind die Romane des Schweden  
          Åke Edwardson. In "Die Schattenfrau" sucht der Göteborger 
          Kommissar Erik Winter zu ermitteln, wer die Tote aus dem Vorortsee ist 
          und weshalb sie sterben musste - wobei mit brutalen Details nicht gegeizt 
          wird. Winter, wegen seines ausgeprägten Mittelschichtssnobismus 
          (Jazz, feine Textilien, gepflegte Manieren) bei schwedischen Lesern 
          nicht so beliebt wie Mankells Kurt Wallander, löst diesen Fall 
          natürlich virtuos. Star am schwedischen Bestsellerhimmel ist außerdem 
          die Journalistin Liza 
          Marklund, die nach "Olympisches Feuer" - eine Geschichte über 
          Korruption im Zuge einer Bewerbung um Olympische Spiele - mit "Studio 
          6" ihre Morde und Totschläge im Model-Milieu angesiedelt hat. Die 
          Heldin heißt Annika Bengtzon - eine Frau, in der sich vor allem 
          Linie  Frauen 
          wiedererkennen werden, die die klassische Dreifachbelastung Job & 
          Kind & Mann selbst leben. Die heutigen Krimiheldinnen sind menschlich, 
          und das scheint das Erfolgsrezept schlechthin zu sein. Zumindest war 
          es das für die Schwedin Liza Marklund. 1998 gab sie ihren Debütroman 
          "Olympisches Feuer" bei einem kleinen, unbekannten Verlag 
          heraus. Die BuchhändlerInnen, skeptisch, weigerten sich, das Buch 
          in die Regale einzustellen; zunächst gab es "Olympisches Feuer" 
          nur an Tankstellen zu kaufen. Ein denkbar schlechter Anfang. Aber innerhalb 
          weniger Wochen erklomm Marklunds Erstling die Bestsellerliste, schnell 
          wurde er mit dem Poloni-Preis und dem Preis der Schwedischen Krimi-Akademie 
          ausgezeichnet. Inzwischen standen alle Marklund-Romane auf den ersten 
          Plätzen der schwedischen Bestsellerliste und auch hierzulande ist 
          die Autorin sehr erfolgreich.Norwegens frühere Justizministerin 
          Anne Holt 
          war vor ihrer Politikerinnenkarriere schon eine bekannte Krimiautorin. 
          Hauptdarstellerin der Autorin ist Hauptkommissarin Hanne Wilhelmsen. 
          Anne Holt zeichnet sich durch einen feinen Humor aus, vor allem gefallen 
          ihre freundliche-bösartigen Dialoge aus den Zirkeln der politischen 
          Einflussnahmen. Kerstin 
          Ekman, in Schweden stets als nobelpreisverdächtig gepriesen, 
          schreibt gerne Generationengeschichten, die als Krimis daherkommen. 
          Ihr Buch "Am schwarzen Wasser" birgt zum Schmökern alles: Provinz, 
          falsche Töne, verborgene Lüste ... Im Grunde lässt sich 
          alles von ihr wie ein Krimi lesen. 
 
 
                  
 
                    | Buchtipp |  
                    |  |   Denken Sie nicht, dass die jetzt schon namentlich erwähnten Autoren 
          alle sind, es gibt in dem Genre so viele interessante Schriftsteller 
          zu entdecken, und da einen Überblick zu schaffen, der möglichst 
          vollständig ist ...Wenn Sie jetzt schon Lust bekommen haben, die skandinavischen Autoren 
          kennenzulernen, klicken Sie sich einfach durch den 
          Autorenüberblick A-Z.
 
 
 Gabriele Haefs und Christel Hildebrandt, zwei der 
          bekanntesten Übersetzerinnen der skandinavischen Bücher haben 
          sich auch als Herausgeberinnen einen Namen gemacht und erzählen 
          im Vorwort Ihrer Kurzgeschichtensammlung "Morde in hellen Nächten 
          - Die besten Kriminalgeschichten aus Skandinavien" wie schwer es 
          eigentlich ist, einen Überblick über die skandinavische Kriminalliteratur 
          zu geben. Wir vom Literaturportal schwedenkrimi.de freuen uns, das uns 
          die Erlaubnis gegeben wurde, dieses Vorwort hier zu veröffentlichen.
 
 Skandinavische Kriminalgeschichten - eine Anthologie unter diesem Thema 
          sollte einen Überblick geben über die Breite des Krimischaffens 
          in den skandinavischen Ländern und altvertraute Namen ebenso wie 
          Neulinge enthalten. Das denken zumindestens wir als Krimileserinnen. 
          Doch noch ehe der erste Autor um einen Beitrag gebeten worden ist, zeigen 
          sich Probleme.
 
 Unter der Bezeichnung "Skandinavien" versteht man 
          gewöhnlich nur die Länder Dänemark, Schweden und Norwegen 
          - wie verhält es sich aber mit Finnland, Island und den Färöern 
          ?
 
 Die Färöer haben bisher zwar nur einen Krimiautor in die Welt 
          geschickt, doch bei dem handelt es sich gleich um ein Schwergewicht 
          von internationalen Ruf, um Jógvan Isaksen. Auf Island blüht 
          die Krimiflora lange nicht so richtig.Eine dortige Tageszeitung stellte 
          vor einiger Zeit die Frage, warum der internationale Krimiboom an Island 
          vorübergegangen sei - und lieferte die Antwort gleich mit: Die 
          Strukturen der isländischen Gesellschaft ließen das eben 
          nicht zu.
 
           
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            | Impressionen 
              aus Skandinavien (c) Kerstin Seeland |  Dazu ein hämischer Seitenhieb auf die Färöer, 
          wo ähnliche gesellschaftliche Bedingungen herrschen, wo sich manche 
          Leute aber in den Kopf gesetzt haben, trotzdem Krimis zu schreiben. 
          Andere Zeitungsartikel berichteten vom größten isländischen 
          Heroinfund aller Zeiten (zwei Gramm) und von der Vernichtung von illegal 
          gebrautem Bier im Werte von vielen Millionen Kronen, alles in derselben 
          Woche - was zeigt, dass auf Island kriminelle Energie genug vorhanden 
          ist, auch wenn vielleicht andere Verbrechen bevorzugt werden. Unmittelbar 
          ehe dieses Buch in Druck ging, schlossen sich isländische Krimiautoren 
          und -autorinnen zusammen, um ihrer Literatur auf Island endlich die 
          Aufmerksamkeit und die Publikationsmöglichkeiten zu verschaffen, 
          die sie verdienen. In künftigen Anthologien wird Island also sicher 
          besser vertreten sein.
 Die übrigen Länder zeigen eine Krimilandschaft, wie sie uns 
          aus anderen europäischen Ländern vertraut ist. Aber natürlich 
          gibt es auch von Land zu Land Unterschiede: Ein Jahr, nachdem in Norwegen 
          eine Krimiautorin (Anne Holt) zur Justizministerin
          ernannt worden war (ohne deshalb mit dem Schreiben aufzuhören), 
          beklagte die schwedische Presse, dass nun schon im dritten Jahr kein 
          neuer Roman einer Schwedin erschienen sei. Das hat sich inzwischen geändert, 
          doch die Schwedinnen - und auch ihre männlichen Kollegen - verfassen 
          am liebsten Romane, während Norwegen vergleichsweise wie ein Paradies 
          für Kurzgeschichten wirken kann, was eine gewisse norwegische Dominanz 
          in diesem Buch erklärt. Aus Dänemark wurde der dortige Altmeister 
          des Krimis aufgenommen, Dan Turell, der Kopenhagen schon vor vielen 
          Jahren in Verruf brachte - trotzdem muss ein heutiger Kollege von ihm 
          für seine kriminelle Geschichte erst mal die Weltpolitik mit einbeziehen. 
          Wie kriminell ist Jütland?
 
 Das Feld der Kriminalliteratur in Skandinavien wird 
          immer breiter und vielschichtiger, viele Autoren und Autorinnen 
          haben mit ihren ProtagonistInnen (aus der Presse oder der Kriminalpolizei) 
          unter dem deutschen Lesepublikum bereits einen festen Fanclub gefunden. 
          Und jedes Jahr gibt es natürlich Neues zu entdecken, mit dem Alten 
          zu vergleichen.Inzwischen finden wir hier eine bunte Palette von Krimis, 
          von haargenauer realistischer Abbildung, sozialkritischer Gesellschaftsdarstellung 
          und individualpsychologischer Analyse bis zur fiktiven 
          Realität von Håkan Nesser, die mit jedem Werk des 
          Autors eine neue Facette erhält und sich so zu einem genauen Spiegelbild 
          der heutigen westlichen Gesellschaft entwickelt, wenn auch mit einem 
          Augenzwinkern. Manche Namen fehlen - aus unterschiedlichen Gründen. 
          Die einen schreiben keine Kurzgeschichten, andere versprachen, eine 
          zu schicken, und ließen dann nie mehr von sich hören; manche 
          Geschichten waren so lang, dass in dieser Auswahl höchstens fünf 
          Platz gefunden hätten, und schließlich verlangen in seltenen 
          Fällen die Orginalverlage einfach kriminelle Summen für die 
          Übersetzungsrechte. So ist die vorliegende Auswahl entstanden, 
          die trotz der erwähnten Probleme doch zeigt, wie die nordische 
          Verbrechensfauna literarisch verarbeitet wird, und in der bekannte Namen 
          und Neulinge gleichermaßen vertreten sind.
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