Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde

Interview mit dem Autoren Peter Høeg




Reichtum ist, wenn du über deine eigene Zeit herrschst

Frage:

Ahnten Sie, daß Ihre Bücher erfolgreich sein würden?

Peter Høeg:
Ich dachte, mein Buch wäre zu dick und zu kompliziert, deshalb habe ich gar nicht versucht, einen Verleger zu finden. Aber mein kleiner Bruder hatte das Manuskript eingereicht. Als ich das hörte, habe ich es sofort zurückgeholt. Da stand ich mit dem ganzen Papier auf der Straße in Kopenhagen und dachte: Was solls! Also bin ich zu einem kleinen Verlag, der mir schon immer gefallen hatte, und legte der Verlegerin das Papier auf den Tisch. Sie hat es über Nacht gelesen und mir sofort einen Vertrag geschickt. Das war das einzige Mal in meinem Leben, daß etwas so schnell und erfolgreich gelaufen ist.

Frage:
Aber mittlerweile sind Sie mit sich zufrieden?

Peter Høeg:
Nein. Auch Smilla ist mir nicht gelungen. Als ich fertig war, dachte ich: Mit Smilla als Notizbuch könnte ich ein gutes Buch schreiben! Ich merke schon, daß ich besser werde. Aber ich muß noch lernen, damit mein inneres Bild irgendwann mit dem Ergebnis übereinstimmt.

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Frage:
Mit Smilla kam auch das Geld zu Ihnen zurück.

Peter Høeg:
Langsam, ja. Aber ich habe kein Gefühl dafür. Reichtum ist, wenn du über deine eigene Zeit herrschst. Wir haben sehr wenig Möbel, keinen Fernseher, und diesen Winter habe ich alle meine Bücher weggegeben. Ich hatte vielleicht 2000 Bücher! Ich darf gar nicht daran denken, wieviel ich arbeiten mußte, um mir die Bücher leisten zu können. Aber diese Dinger haben mich immer angestarrt, und als sie weg waren, gab es viel Platz in der Wohnung. Das war ein schönes Gefühl!

Frage:
Smilla sagt: "Schnee und Eis sind mir lieber als die Liebe." Außerdem ist sie eine starke, fast brutale Frau. Haben Sie Ihre Schöpfung manchmal auch gefürchtet?

Peter Høeg:
In der dritten Welt und in der Arktis traf ich viele starke Frauen. Sie waren auch zur physischen Gewalt fähig, wie man es einer Frau in Europa nie zutrauen würde. In Smilla habe ich diese provozierende Eigenschaft bewußt gestaltet. Aggression gehört zu den Grundlagen des Menschen, man muß diese gefährliche Gegend künstlerisch erforschen. Wenn man mit der Gewalt spielt, wird sie nicht Wirklichkeit. Das ist ähnlich wie im Verhältnis von Spiritualität und Erotik. Auf Grönland habe ich erfahren, daß man Erotik nicht unbedingt ausleben muß. Sie ist auch als Energie, die man fühlt und beobachtet, nützlich.

Frage:
Kennen Sie Menschen, die ein Gespür für Schnee, eine so starke, unerklärliche Intuition haben wie Smilla?

Peter Høeg:
In Afrika sah ich Dinge, die wir mit unserer europäischen Erfahrung nicht erklären können. Aber ein konkretes Vorbild für Smilla gibt es nicht. Irgendwann während des Schreibens war sie da. Keine Ahnung, woher sie kam! Übrigens ist Smilla ein Bild für den künstlerischen Prozeß. Sie ist ein Jongleur, der seine Bälle präpariert, seine Fähigkeiten trainiert, Bücher übers Jonglieren liest und sich mental vorbereitet,. Wenn der Jongleur auf der Bühne steht, fließt alles in einem einzigen Moment zusammen. Seine Ganzheit wird gefordert, damit er erfolgreich ist. Smilla muß das können, um zu überleben, und ein Künstler muß es auch.


Buchtipp
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Frage:
Und auch Tork, der Super-Bösewicht in Ihrem Roman, kann das. Haben Sie heimliche Sympathien für Ihn?

Peter Høeg:
Überhaupt nicht! Tork ist der reine Zynismus, sein Leben ist eine Sehnsucht nach Kontrolle, nach Macht. Vor solchen Leuten - Wissenschaftlern ohne Moral, Ingenieuren, die Waffen produzieren - wollte ich warnen.

Frage:
Wäre der Mord an Jesaja nicht geschehen, hätten die Leichenbeschauer, Polizisten und Buchhhalterinnen Kopenhagens wohl keinen Finger für Smilla gerührt.

Peter Høeg:
Als ich noch über das Buch nachdachte, wurde gerade meine erste Tochter geboren. Damit kam eine große Liebe, aber auch eine große Furcht in mein Leben. Diese Furcht, meine Tochter zu verlieren, war ein wesentlicher Antrieb für das Buch.

Frage:
Haben Sie die Unmenge von Details wirklich genau recherchiert? Die Hauptsache ist doch, es klingt echt. Tut es das nicht?

Peter Høeg:
Für mich schon. Aber vielleicht sollte ich meinen Onkel fragen. Der war mal Kapitän.
Weißt du, was mein Prinzip ist? Ein Lehrer an der Schauspielschule sagte uns: Wann immer du einen besonderen Ausdruck auf dem Gesicht von Robert de Niro oder sonst einem guten Schauspieler entdeckst, stiehl in dir. Sie haben ihn auch nur gestohlen. Das ist wahr. Falsch ist der Ruf nach Authentizität, nach Originalität. Musiker gehen viel lockerer mit Themen um; Johann Sebastian Bach zum Beispiel hatte ein sehr bewußtes Verhältnis zum Klischee. Man spielt ein Thema, dann eine anderes, und am Ende kommt etwas Neues heraus. Wer sich nur vor dem Original verneigt und nicht darauf aufbaut, verdrängt etwas sehr Wichtiges.

Frage:
Aber in Ihren Büchern fließt nicht nur zusammen, was Sie bisher erlebt haben?

Peter Høeg:
Ich bin Däne und Europäer, stehe also in einer bestimmten Tradition. Aber beim Schreiben habe ich nie das Gefühl, etwas zu wiederholen. Es entsteht erst in dem Moment, in dem ich es schrieb. Dann ist es ganz frisch. Sonst könnte ich nicht schreiben.

Auszüge aus einem Gespräch mit Christian Lorenz für die Wochenpost vom 3. März 1994

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