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Dan Turèll Blues
Wenn irgend jemand 1979 behauptet hätte, dass der Name des führenden Kriminalschriftstellers der 80er Jahre Dan Turèll lauten würde, wäre dies gründlich in Zweifel gezogen worden – und altmodische puristische Kriminalschriftsteller hätten sich bekreuzigen und gesagt: „Gott möge Gnade mit uns haben.“ Die ersten dreißig BücherBis ins Jahr 1979 war Dan Turèll ein Exponent der aufsässigen dänischen Untergrundliteratur der 70er Jahre mit so pompösen Titeln wie zum Beispiel:“ Sidste forestilling bevidstlose trancebilleder af eksploderende spejltricks igennem flyvende tidsmaskin af smeltende elektriske glasfotos“ (Die letzte Vorstellung von unbewussten Trancebildern von explodierenden Spiegeln über fliegenden Zeitmaschinen von schmelzenden elektrischen Glassfotos, 1972), „Sekvens af Manjana, den endelose sang flimrende gennem hudens pupiller“ (Sequenz von Manana, das endlose Lied, welches durch die Pupille der Haut flackert, 1973), Onkel Danny’s dadaistiske disc-joeckey djellaba jazz-jungle joysticks“ (Onkel Dannys dadaistischer Discjockey Djellaba Jazz-Dschungel Joysticks, 1974) ganz zu schweigen von „Onkel Danny’s drivende dansende dirrende dinglende daskende dryppende danske dasedigte“ (Onkel Dannys fahrende tanzende unruhige baumelnde schneidige sickernde trockene dänische Liedchenschreiberei, 1974) etc. etc. etc und dreißig und mehr solcher Titel, einschließlich seinem ersten Roman, „Vangede billeder“ (Bilder von Vangede, 1975) seine Beschreibung der Kindheit und Jugend, so voll von Wärme, Menschlichkeit und sprudelnd von Charaktere. Die MordeEr tat seinen ersten Schritt in das Krimigenre geradewegs mit seinem ersten Kriminalroman 1981. Das Buch hatte einen Titel, welcher als Überschrift über das ganze Genre stehen könnte, „Mord i morket“ (Mord im Dunkeln), und in welchem er seinen namenlosen Journalistenhelden einführte, der später in der ganzen Serie seiner Kriminalgeschichten erschien.
So ist das Tempo gesetzt und von nun an geht das Rennen über Stock und Stein und Leichen, rein und raus in Kneipen, bei Pornohändlern und Redaktionsstuben bis der Fall schließlich abgeschlossen ist und unser Held sagen kann: „ und ich hoffe, das ich eines Tages auf all das zurückschauen kann und denke, dass alles sehr interessant war zu dieser Zeit.“ Die Schule von Raymond ChandlerEs ist nicht schwierig Dan Turèll in die Schule des literarischen Kriminalromans zu platzieren. Er fällt natürlich auch in den Rahmen des hard-boiled Genres, das in den USA nun 40 bis 50 Jahre alt ist, doch ziemlich neu in Skandinavien. So wie viele andere (keine Namen, kein Strafexerzieren) schließt er sich der Chandler Schule an. Mit seinem dänischen Hang zu den Humoristen unter den „hard-boiled“, kann Turèll auch mit Autoren wie Craig Rice oder Jonathan Latimer verglichen werden. Wie diese, nimmt er die Logik in seinen Handlungen nicht zu ernst, folgt aber Chandlers altem Rat: wenn du nicht weiter weißt, lass einen Man mit einem Revolver in der Hand durch die Tür kommen. So kann es eine Anzahl von Haarnadelkurven zu überwinden geben bevor irgendeine Lösung bevorsteht, aber was macht das wirklich aus, wenn die Straße erstklassig ist? Poet der StadtWie so viele andere Schriftsteller im gleichen Genre, ist Dan Turèll der Poet seiner eigenen Stadt. Er ist der Musiker der Düsternis, der seinen langatmigen Blues von den zwielichtigen Seiten von Kopenhagen spielt, einige von ihnen eher vorgeführt in Hinterhöfen als auf den Boulevards, eher in kleinen Jazz-Bumslokalen als in piekfeinen Restaurants. Wie in „Vangede billeder“, ist es sein Mitgefühl, welches durchscheint.
Er versteht – und kennt – all diese Verlierer.Er kann sogar für einen Dealer Sympathie empfinden, weil er hinter den Kulissen gesehen hat, wer dort an den Drähten zieht. Er hat die Mechanismen in der Gesellschaft gesehen, die dazu führen, dass jemand gewinnt und jemand verliert. Jemand in einer großen Villa auf Strandvejen, während andere in einem Windfang in Vesterbro sterben. Er kennt die Pornohändler und die Rockmusiker, die Kellner und die Journalisten, die Polizisten und die Huren. Authentischer BluesDan Turèlls Kriminalromane sind authentischer Blues. Die bluesigste Note der Stadt singt in jedem Satz. Dunkelheit fällt und ein Orchester stimmt seine Instrumente, die Musiker treten in das Rampenlicht des „film noir“, ein langsames Saxophonsolo beginnt, und nicht lange danach ist das erste Crescendo eine Tatsache. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Gunnar Staalesen Redaktion und Übersetzung für das Literaturportal schwedenkrimi.de - Krimikultur Skandinavien: Jürgen Ruckh, im Mai 2007. |
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